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Datum: 29.06.2023

Eckernförde geht neue Wege

In Gegenwart eines nie gekannten Insektensterbens stellt sich die Frage: Wie gehen wir mit bisherigen Handlungsmustern um?

Die Abteilung Naturschutz der Stadt Eckernförde geht in Abstimmung mit der städtischen Gärtnerei neue Wege in der Bewirtschaftung städtischer Grünflächen.

Deutlich sichtbar ist dies aktuell an der Mahhäufigkeit von Rasenflächen zu sehen.

Anstatt zehnmal pro Jahr einen Grasschnitt vorzunehmen, wird dies zukünftig nur zwei bis dreimal pro Jahr erfolgen.

Dies hat zur Folge, dass der natürlich vorkommende und durch den Grasschnitt unterdrückte Blütenflor viel mehr zur Geltung kommt.

Für die Insekten bedeutet dies einen reich gedeckten Tisch: Insekten suchen Blüten auf, um deren Nektar und Pollen zu sammeln.

Aber auch die Blattmasse ist wichtig, beispielsweise für das Raupenstadium der immer weniger werdenden Schmetterlingsarten.

Marx Harder, Insektenexperte bei der örtlichen NABU-Gruppe, hat am 28. Juni 2023 auf einem Transekt entlang von 10 Metern Länge eine Insektenerfassung auf ungemähter Fläche am Borbyer Ufer durchgeführt:

• Käfer: 91
• Käfer-Larven: 25
• Blattwanzen: 28
• Spinnen: mehrere
• Fliegen: zahlreiche
• Raupe: 1
• Schmetterling: 1
• Hummeln: 5

Die Ausbeute ist beeindruckend und stellt wiederum einen reich gedeckten Tisch für unsere Singvogelarten dar.
Das ist insbesondere deshalb wichtig, weil die Altvögel zur Aufzucht der Jungvögel auf ausreichend viel Nahrung in Form von Insekten angewiesen sind.
Auf der gemähten Fläche konnte Marx Harder keine Insekten mit dem Kescher fangen, weil das Gras schlicht zu kurz für diese Erfassungsmethode war.

Der Mensch soll jedoch bei dieser neuen Bewirtschaftung von öffentlichen Grünflächen nicht außen vor bleiben.
Zu diesem Zweck hat die städtische Gärtnerei beispielsweise am Borbyer Ufer sorgfältig Wege und Verweilplätze in die Blühflächen gemäht. „Die Kollegen von der städtischen Gärtnerei waren sofort für das Vorhaben zu gewinnen.
Sie sind hochmotiviert und haben Freude am eigenverantwortlichen Gestalten der Grünflächen“, so Jens Albrecht von der Abteilung Naturschutz.

Das stehen gelassene Gras vermag für manche auf den ersten Blick ungepflegt wirken.
Diese Ansichtsweise ist überholt und muss sich mit den Herausforderungen der Gegenwart auseinandersetzen.
Der Insektenschutz liegt im öffentlichen Interesse, so dass hier Prioritäten zu setzen sind.
„Dabei ist wichtig, dass wir uns von dem Denkschema wegbewegen, Naturschutz nur auf isolierten Flächen stattfinden zu lassen; abseits des Alltags.
Von grundlegender Bedeutsamkeit ist, den Naturschutz in die Bewirtschaftung von Flächen zu integrieren“, führt der Abteilungsleiter Naturschutz aus.

Aus diesem Grund werden in Eckenförde auch alle privaten Bauanträge und städtischen Bebauungspläne auf naturschutzfachliche Potenziale hin geprüft.
Darüber hinaus werden Straßensanierungen genutzt, bisher versiegelte Flächen zu entsiegeln und ökologisch aufzuwerten.
In Zeiten immer längerer und häufigerer Hitze- und Trockenperioden in Kombination mit dem Insektensterben ist ein konsequentes Handeln erforderlich.
Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse belegen beispielsweise, dass ungemähte Grasflächen aufgrund der Verdunstungskälte der Pflanzen zu einer Temperaturabsenkung führen und somit das Mikroklima im Stadtgebiet positiv beeinflussen.
Aufgrund dieser vielfältigen Zusammenhänge arbeiten in Eckernförde Stadtplanung, Tiefbau, städtische Gärtnerei und Abteilung Naturschutz eng zusammen.